Reisebericht: Trekking auf dem Peaks of the Balkans Trail
Was haben wir uns da nur vorgenommen? Je näher die Reise kommt, desto mehr breitet sich ein mulmiges Gefühl aus. Meine Freundin Sibylle und ich sind schon viel gewandert. Haben uns sogar beim Trekking kennengelernt. Doch die Höhenprofile der Etappen wirken fordernd, und in Tirana sind 40°C gemeldet. Hätten wir mehr trainieren sollen? Trotzdem steigt im Flugzeug die Vorfreude.
Tag 1: Ankunft in Albanien
In Tirana angekommen, dauert die Kofferausgabe ewig, aber ich habe Zeit – diese vertreibe ich mir mit Hörbuch, Podcast und Zeitung. Der Transfer bringt uns nach 1 1/2 Stunden nach Shkodra, wo ich Sibylle treffe. Unsere Gruppe – acht Frauen, von 21 bis 59 Jahre – lernt die Guides Lumi (leicht geschockt, dass es dieses Mal eine reine Frauentruppe ist) und Enis kennen. Beim Abendessen in der trubeligen Altstadt herrscht tolle Stimmung – ein schöne Ambiente.
Tag 2: Schifffahrt über den Coman Stausee & erste Wanderung im Valbona-Tal
Um sechs Uhr geht es vom Hotel los zum Koman Stausee – die Anfahrt ist holprig. Um 8 Uhr am Fähranleger herrscht reges Treiben. Die dreistündige Fahrt durch fjordähnliche Landschaften ist traumhaft. Anschließend fahren wir ins Valbona-Tal, wo wir eine erste kleine Wanderung entlang des Flusses unternehmen. Nach zwei Stunden kommen wir in Valbona an und werden mit einem letzten Transfer ins urige Guesthouse Rosi gebracht.
Tag 3: Jetzt geht’s in die Berge – von Valbona nach Cerem
Nach dem Frühstück geht’s los zur ersten großen Etappe – direkt knackig berghoch in den Wald mit noch angenehmen Temperaturen und durch den Schatten, schweißtreibend, aber mit tollen Ausblicken. Nach einer Stunde (und den ersten 500 Hm!) haben wir auf einem kleinen Plateau einen tollen Ausblick auf Valbona und das Tal. Es geht weiter berghoch, bis wir gegen halb zwölf den Sattel des Persllopit Passes erreichen. Hier machen wir eine längere Mittagspause und erholen uns ein wenig von den 1.000 Hm. Danach überschreiten wir unbemerkt die Grenze nach Montenegro.
Anschließend verlieren wir wieder etwas an Höhe und gehen über ein weites Plateau auf dem Kühe weiden. Wir passieren die Grenze nach Albanien und machen uns an den Abstieg. Plötzlich taucht das Schild „Coffee“ in der Landschaft auf. Da biegen wir natürlich ab! Ein Bauer verkauft in einer kleinen Hütte gekühlte Getränke und Kaffee. Nach einer kleinen Pause machen wir uns an den Abstieg ins Dorf Cerem, wo unser heutiges Guesthouse liegt.
Tag 4: Darauf habe ich mich am Meisten gefreut: das Hochtal von Doberdol
Frühstart, um dem angekündigten Regen zuvorzukommen. Der Aufstieg ist schweißtreibend, doch entlang der Strecke gibt es immer wieder kleine Hütten mit Getränken. Auch wenn der Tourismus hier noch in den Kinderschuhen steckt, werden in klapperigen Hütten am Wegesrand bereits Kaltgetränke, Kaffee und Obst angeboten. Wir passieren erneut die Grenze nach Montenegro und wandern auf 1.800 Hm immer bergauf und bergab durch eine Landschaft voller Enzian und Blaubeeren.
Auf den letzten Kilometern drückt Guide Lumi ordentlich aufs Tempo, denn die ersten Wolken ziehen auf. Im Hochtal von Doberdol kreuzen wir einen Bach und erreichen unsere heutige Unterkunft, die Bujtina Leonard. Wir beziehen unsere Zimmer in einfachen Holzhütten und springen schnell unter die Dusche. Das Gewitter setzt kurz nach unserer Ankunft in Doberdol ein. Zwei Stunden später klart es aber wieder auf und wir genießen den Abend in magischer Lichtstimmung.
Tag 5: Auf dem Weg in den Kosovo
Nach einer durchwachsenen Nacht starten wir um acht zur nächsten Etappe. Unser Gepäck wird heute auf dem kürzesten Weg von Pferden transportiert. Wir starten über die breiten Almwiesen des Hochplateaus und haben nochmal einen tollen Blick auf die Hirtensiedlung Doberdol. Nach rund 500 Hm erreichen wir auf einer Passhöhe auf gut 2.300 m die Grenze zum Kosovo. Wir wandern auf gleichbleibender Höhe über Schieferplatten und einen engen grünen Pfad, der sich am Hang entlang schlängelt – inklusive vollhängende Blaubeerbüsche.
Wir erreichen den Herzsee, der am Fuße des Gjeravica, des höchsten Gipfels des Kosovo liegt. Aufgrund des Wetters, entscheiden wir uns gegen einen Aufstieg und gehen weiter. Nach zwei Stunden erreichen wir einen weiteren See, an dem wir Mittagspause machen. Von hier ab geht es nur noch bergab. In steilen Serpentinen schlängelt sich der Weg schließlich durch einen Pinienwald bis zur Siedlung Bjeshka e Belegut, in der sich unser Guesthouse befindet.
Tag 6: Mein persönliches Highlight: die Dreiländer-Etappe nach Milishevc
Wir starten um halb neun bei wolkenlosem Himmel. Zunächst geht es auf gleichem Weg zurück – das heißt, erstmal wieder ein ganzes Stück bergauf. Wir erreichen die Passhöhe und haben einen fantastischen Blick auf die weitreichenden albanischen Alpen. Mit Abstand das beeindruckendste Bergpanorama auf dieser Tour.
Entlang des Grades, der Albanien und Kosovo verbindet, laufen wir über drei Gipfel, mit großartigem 360-Grad-Panorama. Linker Hand immer Doberdol im Blick, rechter Hand das Tal, aus dem wir heute früh gestartet sind. Der dritte Gipfel ist der Trekufiri (2.366 m) – hier treffen Albanien, Montenegro und Kosovo zusammen. Wir steigen über einen Höhenpfad wieder ab und gehen entlang des Bergkamms bis zu einem breiten Fahrweg. Wir treffen auf einen deutschsprachigen Einheimischen aus Esslingen, der erstaunt ist, wie weit wir wandern.
Wir passieren den Roshkodoli-Pass und suchen uns an einem Felsen ein schattiges Pausenplätzchen. Von hier steigen wir durch ein weitläufiges Tal über Wiesen ab. Nach 20 km und mehr als 1.000 Hm erreichen wir unser Chalet Rrusta in Milishevc.
Tag 7: Monetengro – die andere Seite der Berge
Heute steht eine leichtere Etappe an. Nach dem Frühstück geht es wieder ein Stück zurück zum Bergsattel, bis zur Gedenkstätte zweier im Kosovokrieg gefallenen Männer. Dort biegen wir in einen schmalen Waldpfad ein, der uns hoch über Roshkodol bis zur Grenze Montenegros bringt. Wir gehen über einen angenehm schattigen Höhenweg entlang des Grenzrückens. Der Wald lichtet sich und wir blicken von oben in das Tal, durch das wir gestern abgestiegen sind. Nach einem weiteren Stück erreichen wir den Ravno Brdo Pass auf 2.178 Hm und steigen in die andere Richtung zu unserem Zielort in Montenegro ab.
Nachdem wir rund 600 Hm abgestiegen sind, erreichen wir kurze Zeit später die ersten Hütten und erfrischen uns an einer Wasserquelle vor einer Hütte. Nach einer guten halben Stunde kommen wir an unserem heutigen Guesthouse in Babino Polje an. Beim Abendessen im Gemeinschaftsraum beweist unser Gastgeber nicht nur kulinarische sondern auch Alleinunterhalter-Qualitäten. Das Essen schmeckt hervorragend. Vollgefuttert fallen wir ins Bett.
Tag 8: Ruhetag in Plav
Heute gibt es zwei Optionen: eine weitere Wanderung oder ein Tag in Plav. Ich entscheide mich für letzteres.
Mit zwei anderen bummle ein bisschen durch den Ort und lasse mich ein wenig treiben. An einer Kula, einem alten, bewohnten Wachturm aus dem 18. Jahrhundert spricht uns ein Mann an und fragt, ob wir die Kula von Innen besichtigen wollen. Da sagen wir nicht nein. Stockwerk für Stockwerk werden wir durch den Turm geführt und sehen, wie die Menschen hier früher gelebt haben.
Nach dem Sightseeing machen wir uns auf an den See von Plav. Wir suchen uns einen Platz auf dem langen Steg und springen erstmal zur Erfrischung ins Wasser. Herrlich! Am Nachmittag bringt uns unser Gastgeber ins Guesthouse nach Vusanje.
Tag 9: Im Geleja Tal
Da wir zwei Nächte in Vusanje bleiben, entfällt das übliche Packen am Morgen. Um acht Uhr werden wir von einem Bus abgeholt und ins Geleja Tal nach Skala gebracht. Hier beginnen wir unsere Gipfel-Rundtour. Nach einem 90-minütigen Aufstieg durch den Wald erreichen wir die Baumgrenze.
Ab hier machen wir uns auf einem steilen Pfad zum ersten Gipfel. Es wird extrem steil und ganz schön kraxelig. Oben angekommen brauchen wir erstmal einen Moment, um wieder zu Luft zu kommen und den Ausblick zu bestaunen, den wir uns mühsam erstiegen haben. Auf dem Grat geht es weiter zum nächsten Gipfel. Er beschert uns einen Ausblick auf das, was uns am nächsten Tag erwartet.
Wir steigen wieder ab und unten in Skala angekommen, zieht es uns direkt in einen schönen Biergarten. Auf dem Rückweg zum Guesthouse kaufen wir eine riesige Wassermelone, die wir uns nach unserer Rückkehr im Garten des Guesthouses schmecken lassen.
Tag 10: Zurück in die Zivilisation – Zieleinlauf in Theth
Unser letzter Wandertag! Zwei Jeeps bringen uns auf holpriger Piste nahe der albanischen Grenze. Gut durchgeschaukelt werden wir an einem ausgetrockneten See abgesetzt und starten unsere finale Etappe. Wir durchqueren ein Hochplateau, passieren Sommerlager der Schäfer und gelangen durch felsige Landschaften zum höchsten Punkt der Tour. Nach einer Pause machen wir uns an den Abstieg. Es wird schroff und heiß. Die Sonne brennt auf der Felswand, durch die wir uns bergab bewegen. Und es zieht sich wie Kaugummi. Nach zwei Stunden erreichen wir endlich die Ebene, in der zumindest ein wenig Schatten ist. Endlich erreichen wir eine kleine Bar mit kalten Getränken. Geschafft!
Von einem Kleinbus werden wir die letzten Kilometer nach Theth gebracht. In Theth hat der Tourismus schon Oberhand gewonnen. Mehrere Campingplätze, diverse Guesthouses, eine Zipline und ein Instagram-Hotspot an der Kirche des Ortes. Wahnsinn! Vom Garten unseres Guesthouses direkt gegenüber der Kirche, mit beeindruckender Bergkulisse, beobachten wir den Trubel und genießen ein kaltes Bier. Wir genießen unser letztes Abendessen in den Bergen und stoßen mit Raki auf unsere Tour an!
Tag 11: Abschied von den Bergen & Finale in Tirana
Nach dem letzten Frühstück mit Bergblick werden wir von einem Kleinbus abgeholt. Wir fahren vorbei an Shkodra zu einem Slow Food Bauernhof. Dort genießen wir ein fantastisches Mittagessen aus regionalen Produkten. Es schmeckt köstlich!
In Tirana angekommen, zeigt sich die Hauptstadt als eine moderne, junge Stadt mit großartigem Flair. Architektonisch toll gestaltete Hochhäuser stehen neben alten Moscheen. An vielen Stellen trifft man auf Kunst-Installationen.
Wir treffen uns zu unserem letzten gemeinsamen Abendessen, erkunden anschließend die Stadt, erklimmen die „Pyramide von Tirana“ und lassen den Abend gemeinsam ausklingen.
Fazit: Es war eine atemberaubende Reise mit einer tollen Truppe mit spannenden Regionen, in der der Tourismus noch in den Kinderschuhen steckt. Unberührte Natur, beeindruckende Berglandschaften, herzliche Menschen, herausfordernde Touren und jede Menge Marmeladenglasmomente. Diese Reise wird mir in bester Erinnerung bleiben!
Faleminderit Albanien, Kosovo und Montenegro!
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